Die deutsche Wirtschaft im "Dritten Reich" - Gegen das Vergessen!
Die deutsche Wirtschaft im „Dritten Reich“ war nicht das unschuldige Opfer eines politischen Wahnsinns. Sie war eine seiner tragenden Säulen. Konzerne, die wir heute aus der Werbung, aus Supermärkten oder von der Börse kennen, verdanken ihren Aufstieg oder zumindest ihr Überleben der Vernichtungspolitik, der Versklavung von Millionen Zwangsarbeitern und der Ausplünderung jüdischer Familien. Sie bauten ihre Profite buchstäblich auf den Knochen der Opfer.
Ein besonders finsteres Kapitel schrieb die IG Farben. Der Chemieriese, Vorläufer von Bayer, BASF und Hoechst, betrieb in Auschwitz-Monowitz ein eigenes Konzentrationslager. Zehntausende Häftlinge mussten dort unter grausamsten Bedingungen in den Buna-Werken schuften, viele starben an Hunger, Krankheiten oder an den brutalen Selektionen der SS. Über eine Tochterfirma, die Degesch, lieferte IG Farben zudem Zyklon B – das Gas, mit dem in Auschwitz und anderen Lagern massenhaft ermordet wurde. Nach dem Krieg saßen Manager von IG Farben zwar in Nürnberg auf der Anklagebank, doch die Strafen waren mild, und einige der Verurteilten, wie Fritz ter Meer, stiegen in der Bundesrepublik wieder in höchste Aufsichtsratspositionen auf.
Die Krupp-Dynastie, berühmt als „Kanonen-Könige“, belieferte das NS-Regime mit Stahl, Waffen und Munition. Alfried Krupp ließ KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene in seinen Werken schuften, wurde 1948 verurteilt – und 1951 begnadigt, damit er das Familienimperium wieder aufbauen konnte. Siemens unterhielt Produktionsstätten in unmittelbarer Nähe von KZs wie Ravensbrück, wo Frauen und Mädchen zur Arbeit gezwungen wurden. Daimler-Benz beschäftigte Hunderttausende Zwangsarbeiter, Porsche entwickelte Panzer und Militärfahrzeuge für die Wehrmacht, während das Volkswagenwerk in Wolfsburg buchstäblich auf den Rücken von KZ-Häftlingen und Kriegsgefangenen errichtet wurde. Ferdinand Porsche selbst war SS-Oberführer.
Die Familie Quandt, deren Name heute eng mit BMW verbunden ist, profitierte von der Arisierung jüdischer Unternehmen und ließ in den Werken Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge schuften. Erst die ARD-Dokumentation „Das Schweigen der Quandts“ brachte 2007 das ganze Ausmaß der Verstrickung ans Licht. Dennoch gehört die Familie noch immer zu den reichsten in Deutschland. Ebenso die Reimanns, deren JAB-Holding heute Konsumgütermarken wie Jacobs, Douwe Egberts oder Krispy Kreme kontrolliert. Ihre Vorfahren waren glühende Nazis, die französische und osteuropäische Zwangsarbeiter ausbeuteten. Jahrzehntelang schwieg die Familie, bis 2019 ein eigenes Gutachten die Tatsachen bestätigen musste.
Auch die Oetker-Gruppe ist ein Beispiel für das Schweigen der Nachkriegszeit. Rudolf-August Oetker trat freiwillig in die Waffen-SS ein, das Unternehmen profitierte von Arisierungen und stellte seine Mittel in den Dienst des Regimes. Jahrzehntelang wurde diese Vergangenheit verdrängt, erst die Enkelgeneration begann mit einer zögerlichen Aufarbeitung.
Doch es waren nicht nur Industrie und Konsumgüter. Auch Banken und Versicherungen stützten das mörderische System. Die Deutsche Bank finanzierte IG Farben und beteiligte sich an der Enteignung jüdischer Unternehmen, die Dresdner Bank galt als „Hausbank der SS“ und wickelte sogar Vermögen aus Konzentrationslagern ab. Die Allianz war in „Arisierungen“ verstrickt und verdiente daran, jüdischen Besitz billig an „arische“ Kunden weiterzureichen.
Die Medien spielten ebenfalls ihre Rolle. Der Bertelsmann-Verlag stilisierte sich nach dem Krieg jahrzehntelang zur Widerstandsorganisation, obwohl er in Wahrheit ein zentraler Lieferant von Propagandaliteratur für Wehrmacht und Hitlerjugend war. Selbst Modehäuser wie Hugo Boss verdankten ihre Größe Uniformen für SS, SA und Wehrmacht – geschneidert von Zwangsarbeitern.
Die Muster sind immer dieselben: Arisierung, Zwangsarbeit, Profite durch Rüstung und Enteignung, Kollaboration mit SS und Gestapo. Nach 1945 folgte keine echte Entnazifizierung der Wirtschaft. Viele Manager wurden kurzzeitig verurteilt, doch schon nach wenigen Jahren begnadigt. Sie kehrten zurück in Vorstandsetagen, bauten Konzerne auf, die noch heute Weltmarktführer sind. Die Familien, die damals reich wurden, blieben reich: Quandt, Reimann, Oetker, Flick, Krupp – Namen, die noch immer zur Spitze der deutschen Wirtschaft gehören.
Und genau darin liegt die Mahnung. Die Geschichte zeigt, dass Kapital selten moralisch handelt. Es folgt der Rendite. Wenn ein autoritäres Regime Stabilität, billige Arbeitskräfte und staatliche Aufträge verspricht, dann stellt sich das Kapital nicht dagegen – es arrangiert sich. Im Dritten Reich wurde es zum Komplizen der Barbarei.
Heute erhebt sich mit der AfD wieder eine Partei, die Demokratie verachtet, Gewerkschaften schwächen will, Migranten entrechtet und die Gesellschaft spaltet. Wer würde davon profitieren? Dieselben, die schon einmal profitierten: Großindustrielle, Exportkonzerne, Immobilien- und Finanzclans. Eine Politik, die soziale Rechte abbaut und Minderheiten entrechtet, schafft für sie ein Klima der Bereicherung. Die Kosten tragen wieder die Schwächsten – die Armen, die Migranten, die Oppositionellen, die „Überflüssigen“.
Die Lehre aus der Vergangenheit lautet: Faschismus fällt nicht vom Himmel. Er wird möglich, wenn Kapital und autoritäre Politik ein Bündnis eingehen. Wer heute glaubt, die Reichen würden sich einem solchen Bündnis entgegenstellen, verkennt die Geschichte. Demokratie zerbricht nicht nur durch den Lärm der Demagogen, sondern vor allem durch das Schweigen und das Profitstreben der Besitzenden.
Darum muss Erinnerung mehr sein als ein Ritual. Sie muss eine Warnung sein. Denn die Frage, die sich stellt, ist nicht ob, sondern wann sich wieder eine Gelegenheit bietet – und wie viele dann wieder sagen werden: „Es ist uns egal, wer regiert, solange es sich rentiert.“
Kommentare
Kommentar veröffentlichen